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Samstag, 4. Mai 2013

Wie man mit Archetypen eine Siedlung lebendiger macht! (Teil 2)

Nach längerer Abstinenz hier nun Teil 2 zum Thema "Archetypen für Siedlungen". Für die Präsentation im Blog habe ich die Ortschaft und die Archetypen der Anschaulichkeit und der Nutzbarkeit halber ausformuliert - es versteht sich von selbst, dass ich für mich selbst wesentlich kürzere Notizen anfertigen würde oder ggf. eine vergleichbare Ortschaft samt Archetypen improvisieren würde...


Alt-Vallossa
Typ: Bauerndorf
Gesinnung: Pragmatisch Komerziell
Einwohner: 203 Menschen
Gebäude/Orte: Taverne ("Zur fröhlichen Kuh"), Laden ("Quintus' Krämerladen"), Kräuterkundler ("Renatas Apotheke"), Tempel, Mühle, Schmiede, Friedhof, Müllhalde
Wichtige Personen:  Bürgermeister Anton Patronius, Pater Claudius Titus, Vogt Arsenius
Garnision: Miliz (12)
Imperium/Provinz: Imperium Sacrum (Sacerdotia) / West-Himodeum
Grundherr: Abtei Himmelsfeste
Hintergrund: In der Grenzprovinz West-Himodeum des Imperium Sacrum liegen die Ortschaften Alt-Vallossa und Neu-Vallossa. Die Vorfahren der Bevölkerung Neu-Vallossas haben sich vor Generationen von Alt-Vallossa abgespalten. Der Legende nach war hierfür ein Streit über die Prämierung der schönsten Kuh auf der Kirmes von Vallossa die Ursache. Seit dieser Zeit befinden sich die beiden Ortschaften im Konflikt und fechten einen Konkurrenzkampf aus. Die unverheirateten Jungbauern der beiden Vallossas überfallen regelmäßig das jeweils andere Dorf im Frühling. Während dieser "Frühlingsfeldzüge" kommt es immer wieder zu ernsthaften Raufereien und erheblich Sachschäden. Neuerdings beschuldigen die Bewohner Neu-Vallossas sogar Alt-Vallossa, die Mühle Neu-Vallossas niedergebrannt und die Müllerfamilie ermordet zu haben...

NSC
W10

1 - Der Boss: Anton Patronius ist der Großbauer von Alt-Vallossa und somit ein wohlhabender Mann. Seine Familie bekleidet traditionell das Amt des Bürgermeisters, so dass ihn die traditionsbewussten Einwohner Alt-Vallossas regelmäßig zum Bürgermeister wählen. Anton ist ein gemütlicher, dicklicher Mann mittleren Alters, der die Gemeinde mit ruhiger und wohlmeinender Hand führt. Er ist mit Tusnelda Patronius, der ehemaligen Schönheit des Ortes verheiratet und hat mit ihr zusammen drei Söhne und zwei Töchter. Tusnelda ist ein hochnäsiges Biest und gebärdet sich gerne wie eine Landadelige. Außerdem ist sie eifersüchtig auf die schöne Darla und drängt ihren Mann, die Schankmagd in die Schranken zu weisen.
Antons großes Ziel ist es, einen friedlichen Ausgleich und eventuell eine Wiedervereinigung mit Neu-Vallosa zu erreichen.
Gesinnung: Tolerant Kommerziell; Charakterzüge: gemütlich; Agenda: Wiedervereinigung

2 - Der Konkurrent/Der Reiche: Der Müller Verres ist der reichste Mann der gesamten ländlichen Region, denn seine Windmühle ist die einzige weit und breit. Nicht nur die Bauern Alt-Vallossas müssen ihr Korn bei Verres mahlen, sondern auch die Freibauern der gesamten Umgebung und sogar die Bauern aus dem verhassen Neu-Vallossa - denen Verres natürlich einen besonders hohen "Freundschaftspreis" abverlangt.
Der Müller ist ein großgewachsener, hagerer Mann mittleren Alters, der nur noch einen schwarzen Haarkranz auf dem Kopf trägt und stechende, eng zusammen stehende Augen hat. In seiner Freizeit trägt er gerne edle Kleidung, um seinen Reichtum zur Schau zu stellen.
Sein großes Ziel ist es, zum Bürgermeister gewählt zu werden. Da Verres aufgrund seiner ausbeuterischen und großspurigen Art allerdings sehr unbeliebt im gesamten Ort ist, wird er sein Ziel wohl nie erreichen. Als man in Neu-Vallossa eine Mühle errichtete, um sich aus den Fängen Alt-Vallossas und seines geldgierigen Müllers zu befreien, heuerte Verres den Schurken Tidrik an, der die Mühle kurz nach ihrer Fertigstellung in einer dunklen Nacht niederbrannte - wobei der Neu-Müller des Nachbardorfs mit seiner gesamten Familie in den Flammen umkam...
Gesinnung: Fanatisch Kommerziell; Charakterzüge: machtgierig, geldgierig, skrupellos; Agenda: Mühlenmonopol & Bürgermeisteramt

3 - Der Heilige: Pater Claudius Titus ist der Kleriker des Ortes. Der über 40 Sommer alte Mann predigt den Einwohnern Alt-Vallossas das Wort Aureons und verwaltet den örtlichen Tempel des Ewigen. Claudius gibt stets den gütigen und weisen Mann des Glaubens und wirkt dabei häufig belehrend. Aufgrund dieser Persönlichkeitsmerkmale und seines Amtes wird er von den Bürgern Alt-Vallossas als große Autorität anerkannt. Was die braven Bürger nicht ahnen ist, dass der Pater heimlich Darla verfallen ist und einen guten Teil der Kollekte regelmäßig zu der jungen Dorfhure bringt. Tidrik bekam aufgrund seiner engen Beziehung zu Darla jedoch Wind davon und erpresst den wollüstigen Geistlichen seit dem heimlich, sodass sich Pater Claudius u.a. dazu gezwungen sah, dem ruchlosen Kartenspieler die Steuerkiste des Ortes, die traditionell im Tempel gelagert wird,  zu übergeben.
Gesinnung: Ehrenhaft (Exzessiv) Religiös; Charakterzüge: belehrend, gütig, (wolllüstig, korrupt); Agenda: Verbreitung des Glaubens & Unzucht mit Darla

4 - Der Schurke: Tidrik ist ein Schurke, der sich in Alt-Vallossa als (falschspielender) Kartenspieler durchschlägt. Der knapp 30 Sommer alte Mann war einst ein Scherge der Witwenmacher und diente einer als "Tarantel" bekannten Schwarzen Witwe. Der gierige Schurke Tidrik verriet seine Herrin jedoch eines Tages und floh mit der Beute eines großen Coups. Er vergrub die Beute unterwegs in einem Waldstück und setzte sich aus dem Reich der Schattengilden ab. Tidrik floh in das entlegene Bauerndorf Alt-Vallossa, in der Hoffnung, dass die Witwen ihn hier nicht suchen würden. Er plant hier, in der Grenzregion Sacerdotias, über Jahre unterzutauchen, um erst dann wieder in eine Großstadt zu ziehen, wenn sich der Staub über die Angelegenheit gelegt hat.
In der Zwischenzeit geht der Schurke jedoch seinem Handwerk in Alt-Vallossa nach. Tidrik betörte die Schankmagd und Dorfhure Darla, die im total verfallen ist und überzeugte den naiven Holzfäller "Baum" in seine Dienste zu treten. Als betrügerischer Kartenspieler, als Erpresser des Paters und als Brandmörder für den reichen Müller hat der Schurke vom Stamm der Heimlichen bereits wieder einen stattlichen Schatz angehäuft. Diesen Schatz hat er sorgsam unter dem Boden von Darlas Hütte vergraben und nicht einmal Darla kennt das Versteck...
Tidrik ist die meiste Zeit in der Taverne "Zur fröhlichen Kuh" anzureffen, wo er unter dem Schutz des hochaufragenden Holzfällers "Baum" seine Kartentricks und sein Falschspiel betreibt. Über Nacht hält er sich in Darlas Hütte auf.
Gesinnung: Pragmatisch Kriminell; Charakterzüge: charmant, verschlagen, geldgierig; Agenda: Heimlichkeit & Reichtum; Verbündete: Darla, Baum

5 - Der Held: Arsenius ist der Waldläufer und Beschützer des Dorfes. Der 30 Sommer alte, gestählte Mann ist als gewählter Vogt gleichzeitig der Dorfpolizist und der Kommandant der örtlichen Miliz, der außer Arsenius selbst und dem Schmied Brutus, der als Stellvertreter des Waldläufers gilt, noch 10 kräftige, unverheiratete Bauernburschen angehören. Arsenius ist nur zu 50% in Alt-Vallossa anzutreffen; den Rest der Zeit geht der Waldläufer seinem Handwerk in den umliegenden Wäldern nach.
Der Kartenspieler Tidrik ist dem rechtschaffenen Arsenius ein Dorn im Auge - jedoch hat er noch keine Beweise um den Schurken dingfest zu machen...
Gesinnung: Ehrenhaft Imperial; Charakterzüge: entschlossen, aufrichtig; Agenda: Recht & Ordnung

6 - Der Raufbold/Der Trottel: Marcus "Der Baum" Canopus verdiente sein Geld bisher als Holzfäller. Baum ist ein über zwei Schritt großer, muskulöser Mann von 25 Sommern, der "nicht der Schnellste im Denken" ist. Allein seine Stärke und sein Jähzorn haben ihn davor bewahrt als Dorftrottel zum Gespött der Leute zu werden.
Allerdings machte die Einfachheit seines Gemüts es dem verschlagenen Tidrik leicht, ihn in seine Ränke hineinzuziehen. Der im Ort nicht gerade beliebte Kartenspieler und Gauner überzeugte Marcus davon, dass er wichtige Qualitäten habe, und dass er, Tidrik, ihn zu Ruhm und Wohlstand führen würde. Nunmehr fungiert Baum als Beschützer Tidriks, der dem Schurken treuherzig auf Tritt und Schritt folgt und nicht ahnt, dass Tidrik plant, ihn als Schutzschild und Bauernopfer zu missbrauchen, falls die Witwenmacher ihn finden sollten...
Gesinnung: Aggressiv Komerziell; Charakterzüge: naiv, jähzornig; Agenda: Respekt

7 - Die Schönheit/Die Hure: Darla, die Schankmagd der Taverne "Zur fröhlichen Kuh", ist die schönste Frau des Dorfes, die schon seit ihrer Jugendzeit gerne jedem Mann für ein paar Goldstücke Gesellschaft leistet. Sie ist es gewohnt, ausgelassen mit den männlichen Gästen der Taverne bis zur Volltrunkenheit zu feiern. Darla hat sich Hals über Kopf in den (erst seit kurzem in Alt-Vallossa lebenden) weltmännischen Kartenspieler Tidrik verliebt und hofft, dass er sie eines Tages mit in die Großstadt nehmen wird. Die junge Schankmagd wir von allen Frauen des Dorfes gehasst, weil jeder Mann des Dorfes hin und wieder sein Gold nach einem Abend in der Taverne zu Darla bringt...
Darla ist eine 20 Sommer alte wunderschöne Frau mit langen, schwarzen Haaren und blauen Augen. Sie ist von mittlerer Größe, hat eine schlanke Figur und ist unglaublich vollbusig. In letzter Zeit leidet Darlas Schönheit unter dem Umstand, dass man sie entweder nur verkartert (tagsüber) oder betrunken (abends) antrifft.
Gesinnung: Exzessiv Kommerziell; Charakterzüge: wollüstig, trunksüchtig, vergnügungssüchtig, geldgierig; Agenda: Spaß & Geld

8 - Die Gelehrte: Renata ist Kräuterfrau und Hebamme des Ortes. Die über 50 Sommer alte Frau zeichnet sich durch ihre robuste Gesundheit und ihre stolze, aufrechte Körperhaltung aus, sodass sie 10 Sommer jünger wirkt als sie tatsächlich ist. Trotz einer Aura des Geheimnisvollen, die sie umgibt, ist sie im Ort wohlgelitten, da alle Bürger früher oder später ihre Hilfe benötigen. Auch der Bürgermeister und der Pater akzeptieren Renata als eine Notwendigkeit für das Wohlergehen des Dorfes.
Renata ist eine Anhängerin "des alten Weges" und ist eine Schamanin der Silva. Die alte Frau hat ihre Kunst und ihre Religion von ihrer Mutter geerbt und beherrscht Heilungs- und Naturmagie. Ihr Haustier, die Eule "Olf" ist gleichzeitig ihr magischer Vertrauter.
Da Renata kinderlos ist, ist sie auf der Suche nach einer geeigneten Schülerin, damit die Kunst des alten Weges nicht in Alt-Vallossa verloren geht. Sie sieht in Mina Charakterzüge, die sie geeignet erscheinen lassen, weshalb sie auch die junge Frau unterstützt, um sie am Leben zu erhalten und ihr Vertrauen zu gewinnen.
Gleichzeitig weiß Renata aber auch, dass sie sich vor den Inquisitoren und Ordensrittern der Aureon-Kirche verborgen halten muss, weil diese sie ohne Zögern als "Ketzerin und Hexe" verbrennen würden...
Gesinnung: Ehrenhaft Religiös; Charakterzüge: weise, gütig; Agenda: Heimlichkeit & Schülerin

9 - Die Arme: Das Mädchen Mina ist die einzige Überlebende der Schuhmacherfamilie des Ortes, die bei einem fürchterlichen Brand umkam. Den Einwohnern Alt-Vallossas gilt das gerade mal 20 Sommer alte Mädchen seitdem als verflucht. Niemand ist bereit, dem völlig verarmten Mädchen eine Anstellung zu geben oder sie gar zu heiraten. Mina lebt in einer Bretterbude am Dorfrand und überlebt nur durch die Almosen, die ihr Pater Cornelius hin und wieder aus der Kollekte zukommen lässt sowie durch die Unterstützung der Kräuterfrau Renata, die als Einzige nicht glaubt, dass Mina verflucht ist. Die junge Frau trägt alltags wie ewigentags ein selbstgenähtes, schlichtes graues Kleid, das sie zusammen mit  ihrer blassen Haut, ihren langen blonden Haaren, grauen Augen und ihrem abgemagerten Körper wie einen Geist aussehen lässt - weshalb sie von den Einwohnern Alt-Vallossas auch "Geist" gerufen wird. Trotz ihrer widrigen Lebensumstände ist Mina nicht nur eine ehrenhafte und fromme Frau, sondern auch eine gepflegte und hübsche Erscheinung und müsste eigentlich, bei entsprechender Ernährung, als zweitschönste Frau des Ortes gelten. Minas Ziel ist es, bei einer Person von außerhalb eine Anstellung zu finden. Ihr Traum ist freilich, dass ein Ortsfremder bereit ist, sie zu heiraten...
Gesinnung: Ehrenhaft Religiös; Charakterzüge: melancholisch, treuherzig; Agenda: Anstellung oder Heirat

10 - Der Bürger: Die Bürger Alt-Vallossas sind konservative, traditionsbewusste Menschen, die ihrer Arbeit fleißig nachgehen, die kleinen Freuden des Lebens genießen und die Ewigen, insbesondere Aureon, den Herren des Lichts, ehren.
Gesinnung: Pragmatisch Kommerziell; Charakterzüge: arbeitssam, treuherzig; Agenda: Frieden & Wohlstand


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Archetypen für Siedlungen, Stadtteile, Stämme & Organisationen von Patrick Schultz (2013) und Sacerdotia, Alt-Valossa und Die Ewigen von Patrick Schultz (2010) stehen unter einer Creative Commons Namensnennung - Nicht-kommerziell - Weitergabe unter gleichen Bedingungen 3.0 Deutschland Lizenz.